Ja, das hatten wir so geplant: Die Küste entlang nach Sydney zu gondeln, gemütlich in kleinen 300-km-Etappen. Dann dort in ein schönes Appartementhotel und das Feuerwerk beobachten. Aber … je genauer man plant, desto härter trifft einen der Zufall.
Donnerstag 19. Dez 2019
Mit dem Taxi nach St. Kilda, einem alten Vorort von Melbourne. Dort ist die Mietwagen-station Jucy (Partner von TUI Cars). Wir wollen uns auch eine – digital natives, aufgepasst! – Straßenkarte (Google Maps Printout) kaufen, um uns zu orientieren und ggf. scenic routes zu finden. Schwieriges Unterfangen, gibt es nur im book store und ist sauteuer (wie das Meiste hier!).
In den Buchungsdokumenten steht „Please note that the cars provided by Jucy may be a bit older and have a higher KM mileage“ in kleinem Druck. Das hätte uns warnen sollen. Denn schon der Anblick der heruntergekommenen Vermietstation war eine Zumutung. 2 Rucksacktouristen vor uns und 4 Chinesen nach uns motivierten das Personal zu so unfreundlichem und ruppigen Verhalten, wie wir es bisher in Australien von den gutgelaunten und entgegenkommenden Menschen noch nicht erlebt haben. Ultimativ wurde die Vorlage des internationalen Führerscheins verlangt, was in ihren Buchungsdokumenten gar nicht angegeben war. Die Krönung war allerdings die alte Gurke, die man uns vermietet hat. Notdürftig gesäubert, noch nach Reinigungsmittel riechend und mit einem Minimum von 3 mm Profiltiefe. Leider fiel mir erst nach geraumer Zeit auf, dass der schlecht ablesbare Tacho einen Kilometerstand von 322.091 km (322 Tausend!) aufwies. Das ist eine absolute Unverschämtheit, ein solches Auto zu vermieten! „A bit older“ ist ja wohl ein Witz!
Aber wir sind ja hart im Nehmen und auf dem Weg nach Phillips Island, um Koalas zu besichtigen. Das riesige Umfeld von Melbourne wird von 4- und 2-spurigen Autobahnen durchzogen, bei denen der ADAC-Chef oder der Scheuer-Amdy Herzrasen bekommen würden. Ein freies Land mit freien Bürgern und einer DDRigen Geschwindigkeits-begrenzung auf 100 km/h. Auf der Fahrt dorthin ein Zwischenstopp auf einer Farm mit grasenden Kühen und leckeren handgemachten scones mit clotted cream. Yum!
Die Koalas waren wenige und faul. Einer kaute lustlos auf einigen Blättern der Eukalyptusbäume (Blaugummibaum) herum. Lohnt die Fahrt nicht. Dann durch lieblich gehügelte Landschaft (sehr kalifornisch aussehend) über Wonthaggi, Inverloch, Koonwarra, Leongatha nach Traralgon (man genieße den Klang der Namen!). Walhalla ist auch nicht weit.
Wir haben in Traralgon das Hotel Montfort Manor
gebucht. Das Highlight der Reise! Süüüß! Altes ruhiges Herrenhaus
mit individuellen Zimmern. Ein Windsor, Marble, Monet und
Napoleon Room, sogar ein Trump
Room, dessen Bedeutung wir noch erfragen müssen.
Do-it-yourself-Frühstück mit vom Hotel bereitgestellten
Zutaten: Ei, Früchtemus, Lemon Curd, Marmelade, … alles
handgemacht.
Das Problem des modernen Menschen: Sucht man im Netz nach „Best Restaurants Traralgon“, bekommt man 10 x 10 Empfehlungen, alle verschieden! Melinda vom Montfort Manor empfiehlt uns dann einen überaus leckeren Japaner, aber es war unerträglich LAUT. Fünf australische Männer machen den Lärm eines Presslufthammers.
Freitag 20. Dez 2019
Auf der Fahrt nach Paynesville ist es diesig. Leider stellt es sich heraus, dass es Rauch von den abgebrannten Flächen ringsum ist – und das lässt uns fluchend den gesamten Rest der Fahrt nach Sydney streichen. Gesundheit geht vor, und das Feuerwerk an der Harbour Bridge kann man auch im Fernsehen sehen. Na ja, so wurstig nehme ich es nicht – ich hatte mich sooo darauf gefreut und bin jetzt richtig frustriert! Aber die abgebrannten Felder und die vertrockneten Bäume auf den endlosen braunen Rinderwiesen sprechen eine klare Sprache.In Paynesville gibt es ein Resort mit Ferienhäuschen direkt am Wasser, wo auf der „Esplanade“ eine Reihe kleiner Shops und Restaurants zu finden ist. Upgrade (gegen Aufpreis) in Häuschen mit Blick aufs Wasser statt auf die Straße. Wie immer ein Wermutstropfen: Nebenan grillt eine chinesische Großfamilie auf der Terrasse. Ansonsten ist der Ort … mausetot.
Samstag 21. Dez 2019
Heute „Ruhetag“ im wolkig-kühlen und sehr windigen Captains Cove. Dann kam doch die Sonne, aber der Wind nahm zu. Wir entschieden uns für eine Rundfahrt: Paynesville, Bairnsdale, Lakes Entrance, Nowa Nowa, Bruthen und zurück über Bairnsdale nach Paynesville. 3 Besonderheiten:- fuhren
wir durch Wälder mit verkohlten Baumstämmen, aber unverbranntem
und trockenem Unterholz. Wie das geht, muss geklärt werden.
- machten
wir einen Abstecher zur alten Stony Creek Trestle Bridge (Holzbrücke), über die noch 1988 Züge fuhren – bis einer
abstürzte (ohne Personenschaden, hatte nur Holz geladen)
- fanden
wir im ansonsten toten (Samstag!) Bairnsdale drei
riesige Supermärkte: Woolworth
(Lebensmittel), ALDI und target.
Am
Abend nach leckerem Steak der weiteren chaotischen Reise(um)planung
gewidmet.
Sonntag 22. Dez 2019
Wetter kühl (22°C) & sonnig. Wir bummeln die 140 km zurück nach Traralgon, wo wir bis morgen bleiben, um dann irgendwohin zu fliegen. Wohin ist unklar, nur um den Rauch herum. Denn auf unserer geplanten Autostrecke (Eden und Wollongong) wären wir durch emergency-Gebiete gekommen, in denen z. T. Straße gesperrt sind. Also zurück nach Melbourne und dann sehen wir weiter.
Wieder
schwarz verkohlte Eukalyptus-Stämme, zum Teil auch angebranntes
Buschland, aber auch auf seltsame Weise intaktes. Braun vertrocknete
Wiesen, auf denen das Stroh in riesigen Ballen zusammengerollt liegt.
Selbst die Schafe, Schwäne und Kühe sind schwarz!
Wir fahren über Sale nach Golden Beach. Die
Gattin ist elektrisiert: „Hier ist jeden Tag Sale!“ Und dann die 99-miles-beach nach Seaspray. Das ist ein Strand! Draußen ein Bohrturm, wie schrecklich. Doch ein kleines Schild am Strand verrät Bemerkenswertes: Hier wird CO2 in die Erde gepresst! Allerdings
bräuchten wir zur Erreichung der Klimaziele jeden Tag eine weitere solche Anlage!
Wir
essen abends wieder beim Thai und teilen uns ein Curry. Hier holen viele
Leute Take-Away-Mahlzeiten ab. Wie sehen auch ein schönes
Exemplar des (in Australien sich ausbreitenden) Fettarsch-Kakadus.
Montag 23. Dez 2019
Die Eigentümer von Montfort, Melinda und Dave, chatten täglich mit Freunden in Sydney und berichten, dass die nur mit Masken auf die Straße gehen. Good Bye, Harbour Bridge Fire Works! Wir buchen „mal eben schnell“ einen Flug von Melbourne nach Brisbane. Zwei Stunden und zwei Nervenzusammenbrüche später ist es dann doch geschafft – per Kreditkarte muss nämlich nach den neuen Sicherheitsregeln ein SMS-Code vom Handy eingegeben werden. Der schafft aber den weiten Weg von Deutschland nach Australien nicht. Also per Direktüberweisung über die Bank, auch mit zweistufiger Authentifizierung.Endlich auch einmal grüne Weiden wunderschöne hügelige Gegend zwischen Yarram und Traralgon.
Am Abend der Thai, unser „Stammlokal“. Wir buchen erst mal ein Quartier in Brisbane für 2 Tage. Dann sehen wir weiter.